Der Osterhase ist ein Troglobiont
So gesehen am Ostermontag in der Laichinger Tiefenhöhle.
Heute haben meine Frau und ich, das Birnbachloch und die Lamprechtshöhle im Salzburger Land besucht.
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Nachdem ich die letzten Urlaube richtig brav an der Heimatfront verbracht habe, war es dieses Jahr endlich einmal wieder an der Zeit, die große Sause zu machen und mich in irgend einer exotischen und aufregenden Ecke der Welt herum zu drücken. Also wurden kurzerhand ein paar Websites von Reiseveranstaltern aufgerufen und nach interessanten Angeboten für Kurzentschlossene gesucht. Die unmittelbar nächste Amtshandlung war, die in die engere Auswahl einbezogenen Gebiete per Internet-Recherche auf Karst und Höhlen zu überprüfen. Welcher Mensch mit einem Funken Restverstand fährt schließlich in eine Gegend, in der es keine Löcher gibt!
So landete ich am 20. Juni 2003 nach neun Stunden Flugzeit auf der malerischen Karibikinsel Barbados und stürzte mich zwei Tage später ins Höhlenabenteuer.
Barbados ist die östlichste Insel des karibischen Inselbogens, ein nicht einmal 40 km langes und 30 km breites Fitzelchen Land 400 km vor der Küste Venezuelas. Die Nachbarinseln, wie z.B. Martinique, St. Lucia oder Grenada, sind vulkanischen Ursprungs mit schroff aus dem Dschungel aufragenden Vulkankegeln. Barbados dagegen ist relativ flach (der höchste Berg erhebt sich gerade einmal 340 m aus dem Meer) und ausSedimentgesteinen aufgebaut. Das wichtigste Schichtglied ist dabei eine rund 100 m mächtige Folge von Korallenkalk, der fast überall auf der Insel aufgeschlossen ist. Die Insel liegt 13° nördlich des Äquators in der tropischen Klimazone. Was bedeutet das? Eine Landoberfläche, unter der reiner Kalk ansteht in Verbindung mit feuchtwarmen Klima, begünstigt im hohen Maße die Bildung von Karstformationen!
Der Süden und Westen der Insel ist ziemlich flach. Das angrenzende karibische Meer ist recht seicht und ruhig (und, nebenbei bemerkt, wirklich so unverschämt schön türkisfarben wie in den Prospekten der Reisebüros), weshalb sich dort die Touristenhochburgen und die Luxusvillen schwer reicher Ausländer befinden. Dieser Teil der Insel wird außerdem intensiv landwirtschaftlich genutzt; Zuckerrohr- und Bananenplantagen prägen das Bild. Der wilde, bergige Norden und Osten von Barbados dürfte eher dem Gemüt des mitteleuropäischen Durchschnittshöfos entgegen kommen. Gegen diesen Teil der Insel branden die ungestümen Wogen des Atlantik, weshalb hier fast überall Schwimmen verboten ist. Hier beherrschen unzählige Hügel und kleinere Berge die Landschaft, durch die sich halsbrecherisch schmale und kurvenreiche Sträßchen winden. Es gibt dort dichte Wälder von Mahagonibäumen. Bemerkenswert ist in diesem Bereich Hackleton’s Cliff, ein mehrere Kilometer langer Steilabbruch mit teilweise über 100 m hohen Felswänden, die zum Meer hin abfallen. Man kann an einigen Stellen gut die geologischen Falten des Gesteins erkennen.
Die Höhlen scheinen sich natürlich im bergigen Nordosten bzw. in der Inselmitte zu konzentrieren, obwohl es auch Hinweise auf Höhlen in den flacheren Landesteilen gibt.
Harrison’s Cave ist die bekannteste und wohl auch größte Höhle auf Barbados. Sie ist alsSchauhöhle erschlossen und zahlreiche örtliche Touristenbüros bieten Touren zu ihr an. Die Höhle liegt in der bergigen Inselmitte im Bezirk St. Thomas. In einem Besuchergebäude gibt eine Multimedia-Show Auskunft über die Entstehung und die Erforschung der Höhle. Der Höhleneingang ist als kleiner Park mit knorrigen Feigenbäumen gestaltet, von denen Luftwurzeln wie lange Bärte herabhängen.
Wahrscheinlich hat schon die indianische Urbevölkerung die Eingangsregion der Höhle besucht und dem weißen Mann ist sie seit dem 18. Jahrhundert bekannt. Die Harrison’s Cave ist nach dem Besitzer des Grundstücks benannt, auf dem sie sich befindet. Ab 1970 hat der dänische Höhlenforscher (ich weiß, das klingt wie ein Oxymoron) Ole Sorensen die Erkundung vorangetrieben. Seit 1981 ist die Höhle für den Publikumsverkehr eröffnet. Die Höhle ist insgesamt 3 Meilen lang, wovon rund ein Drittel zur Schauhöhle ausgebaut ist. Die Lufttemperatur liegt konstant bei 26° C, die Wassertemperatur ist ähnlich hoch. Ich frage mich ernsthaft, warum angesichts solcher Forschungsmöglichkeiten manche Höfos so versessen auf alpine Höhlen sind, in denen es arschkalt ist und es nicht den kleinsten Tropfstein zu sehen gibt!
Die Befahrung der Höhle ist in diesem Fall sogar eine „Befahrung“ im wahren Sinne des Wortes! Eine elektrische „Zugmaschine“ zieht mehrere Anhänger, in denen die Reisenden auf Bänken Platz nehmen. Da vier oder fünf Personen nebeneinander sitzen können, ist das Fahrzeug entsprechend breit – und die Höhle auch!
Anfangs führt die Fahrt durch einen geräumigen Stollen, der alsbald natürliche Hohlräume erreicht. Die Karsthohlräume wurden jedoch stellenweise ebenfalls brachial erweitert, um Platz für den „Zug“ zu schaffen. Die Gangsohlen sind natürlich auf ihrer gesamten Breite ausbetoniert, damit der Zug fahren kann. Bei dem Gedanken alleine kräuselt es demHöhlenschützer die Zehennägel… Die Höhle verzweigt sich nach dem Eingangstunnel in zwei Äste, die beide besucht werden. Da es keinen Rundgang gibt, werden beide Höhlenteile zweimal durchquert.
Die Höhle ist aber sehr wohl sehenswert. Die Raumhöhen erreichen stellenweise problemlos über 20 m und überall wimmelt es von Tropfsteinen. Manche gelblich, andere schneeweiß. Es gibt märchenhaft schöne Sinterbecken, durch die kristallklares, grünlich schimmerndes Wasser plätschert. Die elektrische Beleuchtung ist sehr gut gemacht und unterstreicht den Charakter der Höhle.
In einer Halle befindet sich ein geheimnisvoll grün schimmernder See, über den die Forscher vom natürlichen Eingang her vordrangen. Am Ufer liegt noch eines der alten Boote.
Es gibt am Ende des Schauteils eine andere Halle, wo ein 14 m hoher Wasserfall in einen tiefgrünen See stürzt.
Nicht nur von der Fortbewegungsweise her, sondern auch von den Raumformen, erinnert Harrison’s Cave ein wenig an die Postojnska Jama (Slowenien), obwohl letztere noch üppigeren Tropfsteinschmuck aufweist. Eine hohe Halle mit einem „Tropfsteinberg“ ähnelt dem „Kalvarienberg“ in der Postojnska.
Leider findet fast die gesamte Tour im Wagen statt, was es erheblich erschwert, während der Fahrt gut zu fotografieren. Fotografieren ist übrigens ausdrücklich erlaubt, während Videoaufnahmen explizit verboten sind. Natürlich ist das eingebaute Miniblitzlicht meiner Kamera zudem hoffnungslos mit den Dimensionen der Räume überfordert. Nur in zwei Hallen darf man kurz aussteigen und ein paar Minuten umhergehen.
Die Führung dauert ca. 45 Minuten. Trotz der angeschnittenen kleinen Schwachpunkte lohnt sich ein Besuch der Höhle auf jeden Fall.
Leider ist Harrison’s Cave die einzige Höhle, die ich selbst besuchen konnte. Nachfolgend noch ein paar Infos über weitere Höhlen und Karsterscheinungen, die ich anhand von Literaturangaben ausfindig gemacht habe.
Laut Seeliger-Mander (1997: 204) liegt diese Höhle in der Nähe der Harrison’s Cave und ist nicht erschlossen. Angeblich kann man einen einheimischen Führer anheuern, der einem die Höhle zeigt, doch leider wird nicht gesagt, wo man diesen Führer findet. Reil (2000)beschreibt auf seiner Webseite einen um ein Haar tödlich verlaufenen Tauchgang in einer Höhle, die zum Höhlensystem von Cole’s Cave gehört. Diesem Bericht nach, war das dänische Team von der Harrison’s auch hier aktiv. Weitere Informationen, vor allem zur Lage und Gestalt des Höhlensystems, waren auch im Internet nicht aufzutreiben.
In einem Artikel in der New York Times (Marcus (1994)) habe ich inzwischen ein paar Kontaktinformationen gefunden, die jedoch möglicherweise veraltet sind.
Die Animal Flower Cave ist wahrscheinlich noch berühmter als Harrison’s Cave. Sie liegt am North Point, dem Kap im äußersten Norden von Barbados im Bezirk St. Lucy. Es handelt sich um eine Brandungshöhle in der Steilküste, die von oben über eine in den Fels gehauene Treppe zugänglich ist. Für den Besuch der Höhle wird ein Eintrittsgeld fällig. Man hat aus dem Innern einen schönen Ausblick aufs Meer. In der Höhle gibt es mehrere Tümpel mit Meerwasser, in denen Seeanemonen leben. Diese Lebewesen nannte man früher auf Englisch „Animal Flowers“, die so zum Namenspatron der Höhle wurden.
Wie groß die Höhle ist, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Es soll in den Klippen noch weitere Brandungshöhlen geben, die bei Ebbe mit Booten vom Meer her zugänglich sind. Laut Duckeck (2003) wurden die Sedimente in der Höhle von deutschen Wissenschaftlern untersucht und Rückschlüsse auf die Entstehung der Animal Flower Cave gezogen.
Auf den Webseiten von Mendes (2000) und Raphael (1998) gibt es ein paar hübsche Fotos zu sehen.
Der Welchman Hall Gully liegt ebenfalls in der Mitte der Insel im Bezirk St. Thomas, etwas nördlich von der Harrison’s Cave. Es handelt sich um ein felsiges Tal mit üppiger tropischer Vegetation, in dem sich auch zahlreiche Höhleneingänge befinden. Offenbar ist der Welchman Hall Gully ein Trockental, das durch Verkarstung entstanden ist.
Auf einer meiner dürftigen Touristen- Karten ist in der Nähe noch ein „Jack In The Box Gully“ eingezeichnet. Ich habe keine Ahnung, was das ist und ob es sich auch um ein Karstphänomen handelt.
Auf der Fahrt von dem Dorf Rock Hall zur Harrison’s Cave bewegt man sich durch eine wildromantische, intensiv verkarstete Landschaft. In den Felsen am Straßenrand gähnen überall dunkle Löcher und man kann regelrecht vom fahrenden Auto aus auf „Höhlenjagd“ gehen. Vor vielen Eingängen wachsen Palmen und Feigenbäume mit ihren ewig langen Luftwurzeln, was der Sache einen charmanten Dschungel- Touch verleiht. Dort hat es mich regelrecht gekribbelt, einen auf Indiana Jones zu machen und die ganzen Löcher im Dschungel der Reihe nach abzugrasen!
Auf der Karte sind mehrere Stellen eingezeichnet, die die Bezeichnung „Cave Hill“ tragen. Ob das Orts- oder Gebietsnamen sind, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, doch scheint es sich um deutliche Hinweise darauf zu handeln, dass da Hügel mit Höhlen sind. Einer dieser Plätze befindet sich im ersten Drittel der Strecke von der Inselhauptstadt Bridgetown nach Holetown, ein anderer an der Nordostküste nahe dem Aussichtspunkt Pico Teneriffe. An der Südostküste ist eine „Salt Cave“ in der Karte vermerkt, weiter im Norden (nördlich des heute als Hotel dienenden Piratenschlosses Sam Lord’s Castle) gibt es eine „Cave Bay“.
Da Barbados ein beliebtes Ziel für Reisende aus Großbritannien, aber auch aus den USA darstellt, also aus zwei Ländern, in denen Höhlenforschung Popularität genießt, kann man davon ausgehen, dass die Höhlen hier gut erforscht wurden. Die geringe Größe der Insel und die recht gute Infrastruktur erleichtern das natürlich noch.
Übrigens: Auf dem Heimflug gab es eine Zwischenlandung in der Dominikanischen Republik und dabei habe ich aus der Luft einen kurzen Blick auf einen Cañon im Dschungel erhascht. In diese Schlucht stürzt ein Wasserfall hinab und sie ist in ein eindeutig geschichtetes Gestein eingeschnitten – wenn das kein Indiz für einen künftigen Höfo- Urlaub ist… Wer geht mit?
A.A. (o.J.): Harrison’s Cave, Barbados.- http://www.barbados.org/hcave.htm [Webseite über Harrison’s Cave].
A.A. (o.J.): HarrisonsCave.com.- http://harrisonscave.com/ [Offizielle Webseite der Harrison’s Cave].
Barbados Tourism Authority (2003): Karten.- http://www.barbados-karibik.de [anklickbare Landkarten].
Duckeck, J. (2003): Barbados.- http://www.showcaves.com/english/car/region/bb.html [Schauhöhlen in Barbados].
Marcus, F. F. (1994): Winter in the sun; the greening of the Caribbean.- Reisebericht in der New York Times [U.A. Kontaktinformationen für Cole’s Cave].
Mendes, S. E. (2000): Animal Flower Cave.- http://www.smendes.com/afc.htm [Fotos von der Animal Flower Cave].
Pinck, A. (1999): Barbados, St. Lucia, St. Vincent, Grenada.- DuMont- Reise- Taschenbücher; Bd. 2174, 237 S.; Köln (DuMont).
Raphael, A. (1998): Animal- Flower Cave.-http://www.vu.union.edu/~raphaela/barbados/fc.html [Webseite existiert nicht mehr].
Reil, R. (2000): Unlucky Dive #7.- http://ronreil.abana.org/dive.shtml [Tauchgang in Cole’s Cave].
Seeliger-Mander, E. (1997): Barbados, Insel unter dem Wind.- 264 S.; Bielefeld (Reise Know-How).
Im Südwesten Frankreichs mündet die Gironde in einer breiten Mündungsbucht in den Atlantik. Kurz vor der Mündung, bei dem Örtchen Meschers, 13 Kilometer südöstlich von Royan, sind in der Kreideküste am rechten Ufer die Grottes de Matata zu finden. Es handelt sich dabei um vom Meer ausgespülte Höhlungen, die von Menschenhand später nachbearbeitet wurden. Da sie sich seit ihrer Entstehung im Zusammenhang mit der Auffaltung der Pyrenäen einige Meter gehoben haben, liegen sie heute in komfortabler Höhe über der breiten Flußmündung.
Mit der Ausrichtung nach Südwesten, der Trockenheit innerhalb der Höhlen und der unzugänglichen Lage dienten sie schon früh Menschen als Unterschlupf. Belegt sind die Besiedlung durch Araber um 730 unserer Zeitrechnung, die Verwendung als Zuflucht vor Wikingerangriffen um 844 und die Nutzung als Kultstätten durch die Protestanten, als deren Glaubensbekenntnis im katholischen Frankreich verboten war.
Heute besteht die Möglichkeit, in den Grotten zu übernachten, beziehungsweise eine 40-minütige Führung mitzumachen. Der Rundgang erschöpft sich hauptsächlich in kulturhistorischen Details, speläologische Neigungen werden nur am Rande befriedigt. Nicht uninteressant ist das ebenfalls in den Grotten untergebrachte Umweltmuseum der Flußmündung der Gironde. So war mir beispielsweise neu, dass in der Mündung der Gironde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eifrig nach Stör gefischt wurde, aus dem man Kaviar gewinnt. Leider fischte man wohl etwas zu eifrig, und auch die industrielle Entwicklung in Städten wie Bordeaux, das etwas weiter flussaufwärts liegt, trug mit den dadurch in den Fluss geleiteten Abwässern dazu bei, dass die Störe kurz vor dem Aussterben standen. Heute erholt sich die Population gerade wieder etwas, und man ist guter Hoffnung, dass sich die Störe hier bald wieder ungestört vermehren können.
Wen´s interessiert: Die Grottes de Matata sind von Februar bis November geöffnet, das Grottenhotel ist unter der Telefonnummer 0033 (0) 546 02 70 02 zu erreichen.
Die eiskalte Witterung der letzten zwei Wochen hat die Rabensteiner Felsendome bei Chemnitz in eine bizarre Wunderwelt verwandelt. Überdimensionale Eiszapfen in dem alten Kalksteinwerk verzaubern groß und klein gleichermaßen: Das von den Decken und Wänden laufende Tropfwasser gefriert im frostigen Luftzug der Gänge sofort zu Eis. So wachsen von oben und von unten meterlange Säulen. „Zwar hatten wir im vergangenen Jahr ähnliches zu bieten, aber nicht schon so zeitig im Winter und schon gar nicht in diesem Ausmaß“, erinnert sich Bergwerksführer Bernd Hartwig. „Kurz vor Weihnachten ging’s los“.
Jeden Morgen müssen er und seine Kollegen derzeit den Weg in das alte Schaubergwerk, das 1936 für Besucher öffnete, vom Eis befreien – mit Spitzhacken, etwas Salz und viel Muskelkraft. Den Besuchern zeigt der Bergwerksführer auch gern ein kleines biologisches Wunder: Zahlreiche Fledermäuse nutzen die Felsendome für ihren Winterschlaf. Aufgrund des frostigen Luftzuges im Eingangsbereich der Höhle sind in diesem Jahr selbst einige der kleinen Säugetiere der Spezies Braunes und Großes Langohr sowie Wasserfledermaus mit dünnen Eiskristallen übersät. „Das macht ihnen aber nichts aus“, versichert Hartwig. Die Fledermäuse passen in der kalten Jahreszeit wie viele Winterschläfer ihre Körpertemperatur der Umgebung an. Diese sinkt Ende Oktober, wenn die Fledermäuse ihre Winterquartiere aufsuchen, von rund 38 Grad Celsius auf drei bis neun Grad. Auf Sparflamme verbrauchen sie weniger Fettreserven. Im Inneren der Felsendome herrschen konstante Temperaturen von vier bis sechs Grad. Die Felsendome sind jedoch nicht nur im Winter ein beliebtes Ausflugsziel. Die 40000 Besucher des letzten Jahres interessierten sich auch für die Geschichte des Kalksteinabbaus. 1375 wurde der Kalkabbau erstmals urkundlich erwähnt. Der hier gewonnene Kalkstein wurde über die Jahrhunderte nicht nur als Baustoff, sondern auch als Farbstoff und Dünger genutzt. Höhepunkt ist der Besuch eines unterirdischen Sees in einer riesigen Halle. Der sogenannte Marmorsaal mit einer Deckenhöhe von 15 Metern wird nur von natürlichen Pfeilern abgestützt. Das Bergwerk ist seit Oktober 1995 wieder in Familienbesitz. Der neue und alte Eigentümer Robert Sallmann hatte die Felsendome zurückerhalten.
(dpa, nach Westfälische Nachrichten, Reisebeilage vom 11.1.1997, S.1)
Ich gebe es lieber gleich am Anfang ganz unumwunden zu: Ja, ich war in einer Schauhöhle! Und ich stehe auch dazu, denn Wookey Hole ist nicht irgendeine Schauhöhle, es ist ein historischer Ort, der einige Besonderheiten aufzuweisen hat, die einen Besuch rechtfertigen, meine ich jedenfalls. Doch wo befindet sich eigentlich die Stätte meines unrühmlichen Treibens?
Wookey Hole liegt in den Mendip Hills in Somerset, in Südwestengland, ca. 20 Meilen südlich von Bristol. Während auf der Oberfläche freundliche Apfelbäume stehen, auf denen die Äpfel für den wohlschmeckenden Cider wachsen, der eine Spezialität dieser Gegend ist, gehen im Untergrund seit langer Zeit schon bedeutende Dinge vor. Etwas weiter südlich, aber noch im gleichen Höhenzug, liegt die bekannte Cheddar Gorge, nach der der berühmte, aber nicht bei allen beliebte, Käse benannt ist, und im Vergleich zu ihr wirkt der Eingang zu Wookey Hole eher bescheiden. Auch der Ausgang, der immerhin auch die Quelle des Flusses Axe ist, der sich von hier aus durch das nördliche Somerset schlängelt, bis er in den Bristol Channel und damit in den Atlantik mündet, wirkt auf den Besucher eher idyllisch.
Während die Kelten noch trockenen Fußes bis zur Kammer 4 kamen, um dort einige ihrer Toten zu beerdigen, bildete sich später zwischen Kammer 3 und 4 ein Siphon, der ein Durchkommen unmöglich machte. Doch 1935 passierte hier etwas ganz unerhörtes: Ungehemmter Entdeckergeist trieb zwei verwegene Gestalten zum ersten Höhlentauchgang der Geschichte! Was jedoch für die damalige Zeit noch viel unerhörter war: Der erste Höhlentaucher war zugleich auch die erste Höhlentaucherin! Sie hieß Penelope Powell, und muss sich ihres kühnen Vorhabens wohl bewußt gewesen sein, denn auf dem Foto, dass sie kurz vor dem Tauchgang zeigt, grinst sie keck in die Linse, während der Kollege Graham Balcombe mit doch reichlich banger Miene daneben sitzt. Sie schafften es damals bis Kammer 7.
Später, 1948 gelang es ihnen mit im Zweiten Weltkrieg entwickelter Ausrüstung bis Kammer 9 und kurz darauf bis Kammer 11 vorzustoßen. Mit der weiteren Verbesserung der Tauchausrüstung und der Entdeckung, dass die rechte Mischung von Sauerstoff und Stickstoff beziehungsweise Helium Tauchen in größeren Tiefen erlaubt, drangen mutige Höfos immer weiter vor. Robert Parker erreichte 1985 bei 220 Fuß (etwa 68 Meter), die bisher tiefste Stelle der Höhle.
Wookey Hole ist jedoch nicht nur ein Meilenstein in der Geschichte des Höhlentauchens, es birgt auch ein statisches Wunder. Die Kammer 3, die im Grunde genommen ein riesiger Kolk ist, ist die Halle mit der für die geringe Höhe ausgedehntesten freitragenden Decke der Welt. Nach Berechnungen von Statikern müßte sie eigentlich schon längst eingefallen sein. Der Besucher erschauert und huscht schnell in den unübersehbaren Seitengang weiter, der ein merkwürdiges rechteckiges Profil aufweist. Und tatsächlich ist er eine der zahlreichen Spuren, die der Mensch in Wookey Hole hinterlassen hat. Die Vielzahl dieser Spuren erstaunt kaum, wenn man weiß, dass die erste beurkundete und bezahlte Besichtigung der Höhle schon 1703 stattfand. In den folgenden Jahren gossen die Führer dann Öl über die Wände, das sie anschließend entflammten, um ihre Gäste zu beeindrucken. Der Gelehrte und Poet Alexander Pope war davon so beeindruckt, dass er einige Stalaktiten mit Musketen von der Decke schießen ließ, um die künstliche Grotte in seinem Garten in einem Vorort von London damit auszuschmücken. Natürlich wurde auch sonst noch kräftig gebohrt und gesprengt, um den Zugang für die Besucher zu erleichtern.
Doch die Höhle rächte sich auf ihre Weise: Zwei Höfos mussten bisher ihren Forscherdrang mit dem Leben bezahlen.
Weitere Informationen:
General ManagerAnm. d. Red.: Ein brillanter Beitrag zur Geschichte von Wookey Hole ist soeben erschienen in
SHAW, T.R. (1996): Why some caves become famous- Wookey Hole, England.- Cave & Karst Science 23(1),17- 23; Bridgwater.
So bezieht sich eine in einer Handschrift von Clemens von Alexandria (200 n. Chr.) erwähnte Höhle möglicherweise auf Wookey. Die Berühmtheit der an sich eher unscheinbaren Höhle basiert wohl vor allem auf ihrer Lage an einer seit Römertagen viel benutzten Straße, die einen vergleichsweise einfachen Zugang gestattete.